Zwei Jahre Pandemie, dazu akuter Personal- und Fachkräftemangel – die Hotellerie blickt auf eine harte Zeit zurück. Hatte sich die Branche zu Beginn des Jahres merklich entspannt, ja sogar erholt, rollt nun bereits die nächste Krise auf sie zu: Explodierende Energie- und Lebensmittelpreise, gestörte Lieferketten, Versorgungsengpässe, hohe Inflation, drohende Rezession sind nur einige Konsequenzen aus dem Krieg in der Ukraine.
Moritz von Petersdorff-Campen, Gründer und Geschäftsführer von SuitePad – Anbieter von In-Room Tablets in der Hotellerie und Experte für digitale Gästekommunikation – sieht jedoch gute Chancen für die Hotellerie, diesmal mit einem „(hell-)blauen Auge“ davon zu kommen.
Herr v. Petersdorff-Campen, wie blicken Sie in die Zukunft des Gastgewerbes?
Eine alte Weisheit sagt: Not macht erfinderisch. In solchen Zeiten entstehen also schnell neue Trends und Ideen. Das ist im Gastgewerbe während der Pandemie passiert und ich habe das Gefühl, dass wir daher nun in vielen Bereichen besser aufgestellt und auch in der Lage sind, die jüngsten Herausforderungen erfolgreich zu meistern. Es gibt viele Gründe, in dieser Situation optimistisch zu sein. Dies auch und obwohl die Hotellerie eine zyklische, also konjunktursensible Branche ist. Diejenigen, die das Gastgewerbe nicht verlassen haben, wissen, was Resilienz wirklich bedeutet. Und nachdem sie die bisher schlimmste Krise überstanden haben, dürften sie der nun drohenden Rezession aus der Erfahrung gestärkt entgegenblicken.
Was lässt Sie so optimistisch sein?
Zum einen die Nachfrage: Die Menschen mussten wegen der Pandemie lange Zeit auf viele Freizeitaktivitäten verzichten – auch auf Urlaub. Viele verbrachten – und verbringen noch immer – mehr Zeit zu Hause, beispielsweise im Homeoffice. Da hat sich ein immenser Nachholbedarf aufgebaut, der nun befriedigt werden möchte. Das – ergänzt durch den Effekt resultierend aus dem 9-Euro-Ticket – ist der Grund dafür, warum wir jetzt einen rasanten Anstieg bei Freizeitreisen sehen. Und mehr noch: Man ist mehr als je zuvor dazu bereit, für Reisen auch tiefer in die Tasche zu greifen. Das belegt beispielsweise auch eine aktuelle Studie von American Express: Sie ergab, dass 86 Prozent der Reisenden im Vergleich zu 2019 genauso viel oder sogar mehr für Reisen ausgeben möchten. Angesichts steigender Energiepreise, hoher Inflation und der zyklischen Natur unserer Branche eine überraschende Nachricht. Es scheint, dass die Reiselust die typische wirtschaftliche Dynamik überwiegt. Dieser Trend wird sicherlich nicht dauerhaft anhalten, sollte der Branche aber zumindest ein starkes 2022 und auch 2023 bescheren. Natürlich unter dem Vorbehalt, wie dramatisch sich die Lage in der Ukraine – und mit ihr auch die Weltwirtschaft – noch entwickelt.
Gilt das auch für den Geschäftsreisemarkt?
Ich denke, hier gibt es einen ähnlichen Effekt. Auch hier gibt es einen Nachholbedarf – man möchte sich endlich wieder live und vis-a-vis begegnen. Ob das Vorkrisen-Niveau langfristig wieder erreicht wird, ist fraglich. Für dieses und wohl auch das nächste Jahr jedoch sieht es gut aus: Viele Tagungshotels sind bis weit in den Herbst 2022 bereits ausgebucht. Damit könnten die zu befürchteten Verluste durch die aktuelle Krise in der Ukraine und dem Energiesektor zumindest kompensiert werden.
Wie wirkt sich der Personalmangel auf die steigende Nachfrage aus?
Womit wir bei meinem zweiten Punkt wären: Nämlich dem „besser-vorbereitet-sein“. Die komplette Hotellerie sucht derzeit nach Mitarbeitern. Das Personal ist in der Regel der teuerste Posten im Budget, daher haben viele Hotels die letzten Monate auch dazu genutzt, für verschiedene Arbeitsschritte alternative Ideen zu entwickeln. Die Digitalisierung bietet hier einige sehr praktikable Lösungen. So kann Manpower an anderer Stelle viel effektiver eingesetzt werden. Kaum ein Hotelier glaubt, wieder auf die gleiche Personalstärke zurückkehren zu müssen wie vor der Pandemie. Auch nicht, wenn die Auslastung auf das Niveau von 2019 zurückgeht. Denn an vielen Stellen wurden Arbeitsprozesse optimiert und digitalisiert, ohne dass der Service darunter litt und leidet. Im Gegenteil sogar: Lösungen wie unser SuitePad beispielsweise werden gerne genutzt und unterstützen die Mitarbeiter unter anderem auch beim wichtigen Upselling. Gleicher oder sogar mehr Umsatz mit weniger Personal also. So, wie man hier und in vielen anderen Bereichen „kreativ“ war, so wird man nun auch an die neuen Herausforderungen – steigende Kosten nicht nur für Energie, Lebens- und Verbrauchsartikel, Inflation ect. – mutig herantreten und mit der vorhandenen Erfahrung ganz neue Wege finden – und gehen.